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Geschichte

Der Boulevard de Pérolles

20. Januar 2015

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts ist das Pérolles ein von Feldern durchzogener und durch Schluchten zergliederter, dünn besiedelter Landstrich, der für städtebauliche Entwicklungen wenig geeignet scheint. Entsprechend wenig Aufmerksamkeit erhält das Pérolles von der Pfarrei und der Gemeinde Villars-sur-Glâne, in deren Verwaltungsbereich es zu jener Zeit noch liegt.

Zwei Ereignisse tragen dazu bei, dass sich dieses landwirtschaftliche Gebiet im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts rundum verändert. Das erste hängt mit der Eisenbahn bzw. der Ansiedlung des Bahnhofs im westlichen Teil der Stadt Freiburg zusammen. Das von 1872 bis 1873 von Adolphe Fraisse (1835-1900) erbaute Gebäude (der heutige alte Bahnhof) leitet eine folgenschwere städtebauliche Entwicklung ein, denn von nun an verlagert sich das bisher im historischen Burgquartier gelegene Stadtzentrum schrittweise in Richtung des neuen Anziehungspunktes.

1872, ungefähr zeitgleich mit dem Bau des Bahnhofes, regelt ein Abkommen mit der Nachbargemeinde Villars-sur-Glâne, dass das gesamte der Stadt am nächsten liegende Gebiet des Pérolles unter die Verwaltung der Kantonshauptstadt kommt. Und nochmals fast zur gleichen Zeit hegt Guillaume Ritter (1835-1912) den Plan, das Pérolles in ein Industriezentrum zu verwandeln. Auch wenn sein Projekt scheitert, ist dies ein Indiz für das im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts erwachende Interesse an dem bis anhin wenig beachteten Gebiet.

Die zunehmende Attraktivität des Pérolles hängt nicht zuletzt auch damit zusammen, dass die Gemeinde Villars-sur-Glâne im südöstlichen Teil des neuen Stadtgebiets keine Steuern erhebt. Infolgedessen lassen sich mehrere Unternehmen auf der noch immer durch Schluchten von der Stadt getrennten Ebene nieder.

In den 1890er Jahren befriedigt die Situation immer weniger. Aufgrund unzureichender finanzieller Mittel der Gemeinde Villars-sur-Glâne mangelt es an der notwendigen Infrastruktur. Auch eine bessere Verbindung zum Bahnhof tut not. Der Bau des Boulevards de Pérolles führt schliesslich zu einer Gebietsveränderung. Geplant ist eine komplett neue Raumaufteilung: Die Hauptachse (1900 vollendet) soll über die Schluchten führen, und der neue Stadtteil möglichst schachbrettartig angelegt sein. Der Boulevard selber soll von Wohnhäusern der wohlhabenderen Familien gesäumt sein – auf der linken Uferseite die Villen der wohlhabenderen Familien, auf der rechten Stadtteilseite die Wohnhäuser der einfacheren Leute (z. B. an der Rue de l’Industrie). Was die Verwaltungszugehörigkeit des Gebietes betrifft, sucht der Staatsrat nach der bestmöglichen Lösung. 1906 hat er sie gefunden: Der gesamte Stadtteil kommt unter städtische Verwaltung.

Dementsprechend wird gebaut. So trägt also auch das Pérolles zur Verlagerung des Stadtzentrums in Richtung Bahnhof bei. Häuser, ein Kino, neue Geschäfte entstehen. Als sich 1896 die naturwissenschaftlichen Fakultät im Gebäude der ehemaligen Wagenfabrik ansiedelt, bekommt die Pérolles-Ebene ein weiteres Wesensmerkmal: die Bildung.

In diesem Kontext der schnellen Entwicklungen – vom Ersten Weltkrieg vorübergehend gebremst – erwerben die Menzinger Schwestern ihr Grundstück (Kap. 3.0). Obwohl sich dieses an einer Hauptverkehrsstrasse in voller Entwicklung befindet, liegt es mit seinem Standort am Ausgang dieser Strasse doch relativ ruhig. Ihm gegenüber befindet sich das Casino des Charmettes, welches um 1900 zurzeit der Belle Epoque für die Stadtbewohner ein beliebtes Ausflugsziel für Sonntagsspaziergänge darstellt. 

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